Ein neues Land: Georgien

Ein neues Land: Georgien

Eigentlich war heute auf der Fahrt von Trabzon nach Makhinjauri, etwa 5 km östlich von Batumi am Schwarzen Meer gelegen, leichter Regen angesagt. Naja, leicht ist Definitionssache… ES HAT GESCHÜTTET WIE AUS KÜBELN! Das Gute: Die Klamotten sind trocken geblieben. Das Schlechte: Unsere Helme sind von innen nass. Denn die meiste Zeit mussten wir mit offenem Visier fahren, um überhaupt etwas erkennen zu können. Denn zu dem vielen Wasser kam auch noch Nebel, der vom links neben der Küstenstraße liegenden Schwarzen Meer schön die Straße unsichtbar machte. Geschätzte Sichtweite teilweise höchstens 20 Meter, was aber die zahlreichen dort munter – und oft auch ohne Licht – durch die Pampa heizenden LKW dazu ermunterte, oft nur möglichst knapp an uns vorbei zu knöteln und uns wieder eine Ladung Wasser mehr zu verpassen.

Apropos LKW, die sind in der Türkei mit Vorsicht zu genießen! Gestern hatte ich auch so ein Kerlchen hinter mir, A. fuhr vor, ich dahinter, beide so mit 100 km/h. Und hinter mir so ein fahrender Sarg und blinkt wie wild, mit einem knappen Meter Abstand zu mir. Ich hätte ihn berühren können… Dazu muss man bemerken, dass wir alle etwas zu schnell waren, denn eigentlich waren dort nur 70km/h erlaubt. Kümmert aber in der Türkei kaum einen, jedenfalls solange nichts passiert. Und wie sagte schon der Ingo bei Facebook: „Immer so fahren wie die Einheimischen!“

Heute Mittag dann angekommen an der georgischen Grenze und uns erstmal an 15-20 km LKW vorbei geschlängelt. Und um Schlaglöcher, die eher die Bezeichnung Meteoritenkrater verdient hätten. Die türkischen Grenzer waren sehr nett, mit einem habe ich mich noch etwas länger auf Englisch unterhalten, bis sie uns durchgewinkt haben. Tja, und dann kam ein schon ziemlich muffelig wirkender Grenzer aus Georgien auf uns zu spaziert. Ich sage noch zu A.: „Der lässt uns ausräumen.“ Gesagt, getan. Er zeigte nur mit dem Zeigefinger auf unsere Koffer und Tankrucksäcke und dann hieß es ausräumen. Gott sei Dank war es dort überdacht, sonst wären wahrscheinlich unsere Koffer überschwemmt worden. Bis er dann buchstäblich alles mal durchwühlt, aber nichts entscheidendes gefunden hatte, wir wieder eingeräumt und die Passkontrolle passiert hatten, waren dann knapp 2 Stunden vergangen. Ging eigentlich noch, die Lkw-Fahrer verbringen sicher Tage da…

Grenze Türkei Georgien

Angekommen in Georgien sprangen uns erstmal 4 oder 5 Mann entgegen und fragten: „Insurance?“ Die vorgeschriebene georgische Kfz-Versicherung hatte ich allerdings gestern Abend noch in Trabzon in der Türkei online abgeschlossen. Was mir sogar ein Sonderlob von Frollein A. einbrachte, hört, hört! Wir brauchten nur erstmal etwas Bargeld und eine georgische SIM-Karte für unsere Handys. An der allerletzten Verkaufsbude war der Trubel recht übersehbar, also angehalten, abgestiegen und erstmal auf das Erlebnis an der Grenze eine gequarzt. Und dabei Mikhail kennengelernt, ein georgischer Kleinlasterfahrer, der immer zwischen Georgien und England pendelt und monatlich so zwischen 15-18.000 km abreißt. Er sprach uns auf Englisch an wo wir hinfahren würden uns gab uns dann erstmal einen Kaffee aus. Nachdem er uns noch beim Geldwechsel und mit den SIM-Karten half und übersetzte, weil die gute Fee an der Bude nur georgisch und russisch sprach, haben wir uns danach natürlich mit Kaffee und Zigarette revanchiert. Er will jetzt 10 Tage daheim in Tiflis bleiben und gab uns noch seine Adresse, um ihn evtl. noch bei seiner Familie zu besuchen. Wenn es zeitlich hinhaut, werden wir das auch machen.

Nachdem wir uns verabschiedet hatten, lagen eigentlich nur noch gut 25 km vor uns. Allerdings müssen wir uns an den georgischen Verkehr erst noch gewöhnen! Dachten wir vorher noch, dass die Türken relativ schmerzfrei mit Verkehrsregeln umgehen, dann lächelt der gemeine Georgier nur und denkt sich: „Türken? Alles Amateure!“ Junge, hier herrscht ja Kriegsrecht auf der Straße! Und als Zweiradfahrer lebst du hier besonders gefährlich, ich hatte teilweise das Gefühl, die hätten es echt auf uns abgesehen. Da wird sich munter dazwischen gequetscht, gerne auch mal mit Feindberührung, wie meine Koffer zweimal testen durften. 100 Meter vor dir auf der Gegenseite schert einer aus um zu überholen und quetscht dich dabei auf den Standstreifen, auf 8 km dreimal passiert. Licht? Wozu, ist doch nur neblig und am regnen. Blinker? Hab ich so etwas auch? Lasst uns lieber überhaupt nicht über die Verkehrssicherheit mancher Vehikel nachdenken, alleine das was wir auf den paar Kilometern gesehen haben, da kann dir schon Angst und Bange werden. Ein Schweizer würde jetzt sagen: „Sehr speziell!“

Landkarte
Zimmer

Doch kommen wir wieder zu etwas positivem. Wir sind bei unserer Gastfamilie in Makhinjauri, einem im Sommer recht umtriebigen Badeörtchen im Dunstkreis der Zockerstadt Batumi angekommen. Georghe und Lari leben hier mit ihren beiden Kindern und Laris Vater und vermieten ein paar Zimmer. Das Haus liegt wunderschön knappe 150 Meter vom Schwarzen Meer entfernt auf einem Hügel, ganz einfache Zimmer mit Balkon und Bad, nicht mit Mustafapasa in Kappadokien zu vergleichen. Und wäre das Wetter nicht so – sagen wir wie es ist – beschissen, dann könntet ihr auf dem nächsten Foto auch noch ein Schiff erkennen und müsstet es nicht erahnen. Der Opa hat uns gleich mal mit Wein vom eigenen Weinberg empfangen und obwohl ich ja nicht so der Weintrinker- und Kenner bin muss ich sagen: Leckeres Stöffchen! Dachte Frollein A. eben wohl auch, verzichtete nach dem zweiten Glas auf das äußerst schmackhafte von Lari zubereitete Empfangsessen mit georgischen Spezialitäten mit den Worten: “ Ich muss mal eine Stunde schlafen, ich glaube ich bin schon voll.“ Naja, während ich das hier auf dem Handy schreibe, ist sie wieder von den Toten auferstanden und hat auch ihr Fütterchen bekommen. Sie soll ja auch nicht leben wie ein Hund…

Schwarzes Meer
Bad

Heute Abend, wir haben ja euch gegenüber 2 Stunden Vorsprung, hat der Opa schon zur nächsten Weinverkostung getrommelt. Mit Händen und Füßen zur Verständigung, wie so oft vorher. Aber es klappt. Nebenbei bemerkt musste ich mir gerade noch ne App runterladen die georgisch übersetzt, macht deepl nämlich nicht. Ist mir aber auch erst eben aufgefallen. Wenigstens Lari spricht etwas Englisch, so dass zumindest die nötigste Konversation ohne App funktioniert. Mindestens bis Donnerstag, evtl. auch bis Freitag werden wir dann hier bei unserer Gastfamilie bleiben, denn am Freitag wird auch das Wetter wieder entscheidend besser. Ich denke aber, dass wir auch bei Regen hier gut aufgehoben sind. Wieder wie überall ein äußerst freundlicher Empfang, da fühlst du dich trotz Sprachbarriere gleich wohl. Das soll es wieder in aller Kürze gewesen sein. mehr Fotos gibt’s wegen des Wetters der vergangenen Tage keine. Wer fotografiert denn schon bei Regen? Ihr habt Ideen…

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Unter Unsere Reiseroute könnt ihr die wichtigsten Stationen unserer Tour mitverfolgen. Einfach in die Grafik und auf die Marker klicken, dann erscheinen zusätzliche Infos. Und nach Bedarf die Karte mit gedrückter Maustaste verschieben.

Kappadokien

Kappadokien

Am vergangenen Mittwoch sind wir also hier in Mustafapasa angekommen, einem kleinen Ort mit nicht einmal 2000 Einwohnern in Kappadokien, knapp 5 km von Ürgüp und 10 km vom bekanntem Göreme gelegen. Dieser schnucklige kleine Ort liegt auf etwa 1150 Meter Höhe und wir haben uns Mustafapasa deshalb als vorübergehende Homebase ausgesucht, weil es hier – im Gegensatz zu Ürgüp und Göreme – noch recht ruhig und beschaulich zugeht. Unser Hotel ist eines dieser typischen Cave-Hotels, die es hier in recht einfach oder ziemlich pompös zahlreich gibt. In die gesamten Felsformationen in Kappadokien wurden schon vor Jahrhunderten Höhlen gegraben, die dann als Wohnungen genutzt wurden.

Höhlen
Höhlen

Diese Höhlen wurden, nachdem sie lange nicht genutzt wurden, im Laufe der Zeit und mit aufkommenden Fremdenverkehr zu Hotels erweitert. Auf dem nachfolgenden Foto kann man in groben Zügen erkennen, wie diese Hotels entstehen. Im Hintergrund eine noch teilweise zugemauerte Höhle, in der dann einzelne Hotelzimmer abgegrenzt werden, während der vordere Bereich neu gebaut wird. Was bestimmt auf dieser Baustelle eine ziemliche Plackerei ist, denn jeder einzelne dieser Steine die einiges wiegen, wird von mehreren Männern per Muskelkraft da hoch geschleppt. Da weißt du abends, was du getan hast… Auch unsere Unterkunft wurde auf diese Art gebaut und als wir noch in Istanbul waren, hatte A. es entdeckt und dies kurzerhand gebucht. Und ich kann nach diesen Tagen sagen, es ist wirklich urgemütlich und wird wahrscheinlich zu den etwas luxuriöseren Schlafstätten unserer Reise gehören.

Baustelle
Hoteleingang

Ich hatte zudem den Vorteil, dass ich das einzige Zimmer des Hotels mit einem eigenen Fenster bewohnen konnte. Wir haben es den Höhlenaussichtsturm getauft, und das hatte den Grund, dass ich immer 52 Stufen hinauf und wieder herunter steigen musste, um in mein Zimmer oder eben nach draußen zu gelangen. Hab ich aber gerne in Kauf genommen, denn die Aussicht war einfach wunderschön, vor allem abends. Hassan, den noch minderjährigen aber sehr pfiffigen Hotelpagen, hatte ich bei unserer Ankunft ein schönes Trinkgeld gegeben, weil er mit mir unser Gepäck auf unseren Zimmern verteilt hatte.

Hotelbeleuchtung
Mustafapasa
Mustafapasa

Fortan hatten wir über die gesamten Tage keine Probleme damit, mit Getränken „Cold or hot,Sir?“ versorgt zu werden. A. hatte es ihm offensichtlich besonders angetan und ihre Vorliebe für Süßigkeiten hat er schnell erkannt und sie von unserer Ankunft an damit eingedeckt. Es kam bisher auf dieser Reise nie vor, dass A. etwas Süßes was in ihrem Dunstkreis zu greifen war, verschmähte. Hassan hat ihr den Süßkram aber kiloweise angeschleppt, so dass A. mittlerweile doch schon einen beträchtlichen Vorrat für schlechte Zeiten angelegt hat.

Mit Achmed dem Nachtportier, einem sehr freundlichen Mann, habe ich am ersten Abend noch einen knappe Stunde vor dem Hotel gesessen, geredet und Cay (Tee) getrunken. Fortan wurde das zu einem kleinen Ritual und vom zweiten Abend an war ich „Mr. Ali Baba, my Friend.“ Auch für heute Abend, unserem letzten bevor die Reise morgen weitergeht, wurde ich heute früh schon verpflichtet, als wir ganz früh das Hotel verlassen haben, um nach Göreme zu fahren. Ein sehr umgänglicher und eher zurückhaltender Zeitgenosse, aber sehr sympathisch.

Vor dem Hotel

Gestern Abend, nachdem wir in einem Restaurant unweit unseres Hotels etwas essen waren, haben wir eine weitere Bekanntschaft gemacht. Hamza und Can fragten, ob sie sich zu uns setzen dürften, weil alle anderen Tische in dem relativ kleinen Raum besetzt waren. Nach noch nicht einmal einer Minute begann wieder das Fragenlotto, das wir ja mittlerweile kennen, dass uns aber durchaus nicht unangenehm ist. A. wurde natürlich besonders ausgequetscht und so entwickelte sich auch hier ein munteres und zuweilen ziemlich lustiges Gespräch, das richtig Spaß gemacht hat.

Nachdem die beiden uns noch drauf bestanden uns Getränke auszugeben, fragte Hamza A., ob sie Musik mögen würde. Sie nickte mit dem Kopf, worauf die beiden etwas auf türkisch besprachen, aufstanden und hinaus gingen. “ Minuten später kamen sie diversen Trommeln, einer Gitarre und einer Saz, einem traditionellen türkischen Instrument ähnlich einer Laute oder Gitarre, wieder herein. Und begannen, nachdem sie sich mit ihren Stühlen in einer Ecke platziert hatten, ein kleines Konzert zu spielen. Und unvermittelt wippten nicht nur wir mit den Füßen, auch die anderen Gäste, überwiegend Türken und eine kleine Gruppe Österreicher, waren voll dabei und klatschten und sangen mit.

Konzert

Später gesellte sich noch der Wirt des Restaurants, Yussuf, dazu und das Trio hat uns eine ganze Zeit lang prima unterhalten. Auch wenn wir die türkischen Texte nicht verstanden haben, die Melodien waren sehr eingängig und zumindest die türkischen Gäste sangen alle sehr lautstark mit. Es herrschte eine richtig tolle Stimmung bei diesem doch sehr überraschenden Privatkonzert und wir haben uns dann schweren Herzens um 23 Uhr verabschiedet, weil wir am anderen Morgen um 4 Uhr 30 aufstehen wollten, um uns die Heißluftballons in Göreme anzusehen.

A. klopfte dann um 10 vor 5 an meine Tür und stand schon gestiefelt und gespornt vor mir und mahnte zur Eile, um nicht den Start der Ballons zu verpassen. Aber so sind sie, die Frauen, lassen einen ewig warten wenn man verabredet ist, wenn SIE aber etwas vorhaben, dann geht es nicht schnell genug. Naja, wir sind dann etwa 20 Minuten bis Göreme gefahren und schon vor dem ersten der vier Hotspots, die wir uns in Google Maps abgespeichert hatten, sahen wir dieses einmalige Schauspiel am Himmel.

Heissluftballons

Es ist wirklich unbeschreiblich, wenn man diese Massen an Heißluftballons am Himmel und durch die Täler des Göreme-Nationalparks schweben sieht. Wir sind dann die verschiedenen Punkte abgefahren, die alle nicht sehr weit auseinander liegen und auch hier kam uns wieder der relativ frühe Zeitpunkt unserer Reise zur Hilfe. Denn diese Hotspots werden, so hatte Achmed es uns berichtet, von Heerscharen von Kleinbussen mit Touristen angefahren, damit diese dort ihre Fotos schießen können. Wir waren überall, bis auf den letzten Hotspot wo wir ein australisches Pärchen trafen, alleine. Sehr angenehm, sich nicht anstellen zu müssen, um ein paar schöne Bilder zu fotografieren.

BMW

Einige der Bilder habe ich schon bei Facebook und Instagram veröffentlicht, in der nachfolgenden Galerie gibt es noch reichlich Nachschub. A. ist dann von Göreme aus direkt ins Hotel gefahren um zu frühstücken und noch ein Stündchen Schlaf nachzuholen, während ich noch im Ort angehalten habe um etwas zu trinken. Ich habe mir an einem laden einen Cay bestellt und kam kurz danach mit Ragip ins Gespräch, der mich interessiert über unsere Reise ausfragte. Nach er mir noch eine Zigarette angeboten hatte, haben wir uns noch gute 20 Minuten unterhalten. Als wir uns am Motorrad verabschiedeten, fiel ihm mein Tankaufkleber #roadtomongolia2025 ins Auge. Er fotografierte ihn und versprach, mir fortan auch bei Instagram zu folgen. Macht er jetzt auch!

Morgen geht es nun also weiter, die erste Tagesetappe führt über 440 km Landstraße bis kurz vor Samsun am Schwarzen Meer, die Google Maps recht positiv mit knapp über 5 Stunden Fahrzeit angibt. Warten wir lieber mal ab, mit was und die türkischen Straßen überraschen, Levent Baki hatte mich wegen dieses Abschnitts vorgewarnt. Mustafapasa und allgemein Kappadokien waren auf jeden Fall wert besucht zu werden. Auch hier haben wir uns sehr willkommen gefühlt und wir haben uns auch gut erholt. Bis nach Batumi/Georgien oder wahrscheinlich etwas weiter sind es jetzt wieder über 1000 km, die nächsten 3 Tage werden also wieder etwas anstrengender.

Landkarte

Die Fotos im Beitrag hatte ich ja teilweise auch schon in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. Wer noch mehr sehen möchte, kann gerne meinem Instagram-Account folgen oder vielleicht seid ihr auch bei Facebook aktiv, dort findet ihr mich hier.

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Von Istanbul nach Mustafapasa/Kappadokien

Von Istanbul nach Mustafapasa/Kappadokien

Am Montagmorgen haben wir dann ziemlich zeitig die erste Etappe begonnen, die uns von Istanbul nach Eskisehir führen sollte. Aus Istanbul heraus zu kommen gestaltete sich allerdings als ziemlich knifflig. Denn wie immer in diesen Tagen der absolute Horror. Mit Gepäck auf den Motorrädern wollte ich A. nicht zumuten, dass wir uns durch die schier endlosen Autoschlangen quetschen müssen. Also haben wir uns größtenteils auf den drei- oder vierspurigen Fahrbahnen angestellt und nach knapp 50 km und gut zweieinhalb Stunden Fahrzeit hatten wir dann das gröbste überstanden und waren aus Istanbul heraus. Beim nächsten Rastplatz haben wir uns dann erstmal einen wohlverdienten Kaffee gegönnt und es uns an einem schattigen Plätzchen gemütlich gemacht. Denn der Planet brannte schon recht kräftig und in Motorradklamotten sind 27° schon zu warm.

Für die restlichen 280 km konnten wir uns anschließend Zeit nehmen, denn die Strecke führte überwiegend über wirklich gut ausgebaute Straßen. Bei der nächsten Pause haben wir dann Alex und Natalia kennengelernt, ein russisches Pärchen aus Moskau, die mit ihren Ducatis für 4 Wochen in der Türkei unterwegs sind. Beide sprachen sehr gut Englisch und so haben wir uns eine knappe Stunde bei Tee und Kaffee mit den beiden unterhalten. Alex hat uns, bevor die beiden sich weiter auf den Weg nach Antalya gemacht haben, noch ein paar Tipps für Russland mit auf den Weg gegeben, da man dort wegen der Sanktionen auf einiges achten muss. Und unsere Verabschiedung fiel später schon sehr herzlich aus, so als würden wir uns schon ewig kennen.

Alex und Natalia

Bei unserer letzten Pause gesellten sich dann drei türkische Motorrad-Verkehrspolizisten mit der Frage „You are from Almanya?“ zu uns. Nachdem wir das bejaht hatten, geriet erstmal A. in den Fokus der 3, die es gar nicht fassen konnten, dass man sich als Frau so eine Strecke zutraut. Auch mit ihnen haben wir dann noch eine halbe Stunde Fragenlotto gespielt, wobei nur einer der 3 englisch sprach und seinen Kollegen dann immer übersetzte. Zum Abschluss wünschten sie uns noch gute Fahrt und gaben uns den Rat, nicht zu schnell zu fahren. Machen wir aber sowieso nicht, schließlich werden wir nicht für Schnelligkeit belohnt, sondern wollen auch mal während der Fahrt nach links und rechts gucken, um Eindrücke zu sammeln.

Verkehrspolizei

Am frühen Nachmittag kamen wir dann im Hotel in Eskisehir an, direkt in der lebhaften Innenstadt gelegen. Dieses Hotel hatten wir über Agoda gebucht und in der Hotelbschreibung stand, dass dort nur türkisch gesprochen würde. Als wir die Lobby betraten, hatte ich das Handy mit der Übersetzungs-App schon griffbereit in der Hand, als wir von einem jungen Mann – Cem – auf Englisch begrüßt wurden: „Welcome to Eskisehir, we are happy that you are our guests.“ Nachdem er die – in der Türkei obligatorische – Kontrolle unserer Reisepässe vorgenommen hatte, öffnete er einen Kühlschrank hinter seiner Empfangstheke, holte 2 Flaschen Wasser heraus und reichte sie uns zusammen mit den Chipkarten für unsere Zimmer.

Hotel Eskisehir
Hotel Eskisehir

Ich fragte ihn dann noch, ob wir die Motorräder vor dem Hotel stehen lassen könnten, worauf er antwortete: „You can leave your Bike there and the Lady can park in the Patio.“ Während A. dann schon mal mit dem Aufzug und unseren Helmen in ihr Zimmer gefahren ist, habe ich unsere nötigsten Sachen ausgepackt, da wir ja nur eine Nacht bleiben wollten. Nachdem ich auch alles nach oben befördert hatte, haben wir beide uns erstmal eine Dusche gegönnt und sind dann später in einem der unzähligen Kebabs noch etwas essen gegangen. Da Eskisehir jetzt nicht so touristisch angehaucht ist, mussten wir dem Mann hinter der Glastheke vertrauen, der uns gesten- und wortreich erklärte, was in seinen Töpfen im inneren der Glastheke so alles schlummerte.

Lecker sah es ja alles aus und nachdem wir auf einzelne Töpfe gezeigt hatten, wies er uns an draußen Platz zu nehmen und wir erhaschten noch den letzten freien Tisch. Kurz danach brachte uns ein Kellner unser Essen, dazu gab es einen Teller mit gemischtem Reis und einen großen gemischten Salat. Dazu einen Vorratsbehälter Brot und für jeden eine Flasche Wasser. Und uns beiden hat es wirklich sehr gut geschmeckt! Nach dem Essen bekamen wir jeder noch einen – ebenso obligatorischen – Cay (Tee) serviert und im Endeffekt haben uns die beiden Mahlzeiten zusammen knapp 9 Euro gekostet. Nach dem Essen haben wir dann in der Hotelbar noch ein Bierchen getrunken und uns anschließend auf unsere Zimmer verdrückt, denn am nächsten Tag sollte es zeitig weitergehen.

Brotkiste

Am Dienstagmorgen hatte ich die beiden Mopeds fertig gepackt und die Himalayan von A. vom Hof vor das Hotel gefahren. Dabei ist mir dann erstmal der Gewichtsunterschied der 2 Bikes richtig bewusst geworden. Ich hatte nämlich bei der Himalayan das Gefühl, ich hätte mir ein Kinderfahrrad zwischen die Beine geklemmt. Aber das Moped läuft prima, funktioniert bisher tadellos und zuverlässig. Und wir wollen ja auf der Tour auch keine Geschwindigkeitsweltrekorde brechen, sondern immer nur von A nach B kommen. Und das hat bisher geklappt und wird es hoffentlich auch weiterhin.

Wir hatten abends vorher besprochen, dass wir den Tagesabschnitt von Eskisehir nach Konya, etwa 340 km, überwiegend Landstraßen fahren wollten. Nach dem Frühstück sind wir also los und schon kurz nachdem wir Eskisehir hinter uns gelassen hatten, sind wir auf eine zentralanatolische Landstraße abgebogen. Die ersten 30-35 km war es schon eine richtige Buckelpiste, durchzogen von Schlaglöchern, die eher den Namen Mondkrater verdient hätten. Weil wir den größten Teil dieser Piste im Stehen gefahren hatten, wollten wir eigentlich irgendwo anhalten und etwas trinken. Nur, da gab es nichts!

Strasse in Anatolien

Wir haben uns dann auf Wasser und eine Zigarette beschränkt und ein kurzer Blick in die Navigation zeigte uns, dass da auch die nächsten Stunden nicht mehr viel kommen würde. Auf den nächsten 250 km haben wir genau 4 kleine Dörfer und eine kleine Stadt durchquert. Viel Landwirtschaft, wobei fast alle Felder zusätzlich bewässert wurden. In den Dörfern haben wir keine Menschenseele gesehen, viele Häuser waren halb verfallen und das was scheinbar noch bewohnt wurde, wirkte sehr ärmlich. Wenigstens die Straße war auf diesem Stück, auf dem wir auf 150 km genau ein Auto gezählt haben, welches uns entgegen rumpelte, besser befahrbar. Man konnte wieder im Sitzen fahren, musste aber immer den Blick auf der Straße haben, um nicht doch ein Schlagloch zu erwischen.

Verfallenes Haus

Das Aha-Erlebnis folgte ein Stück später. Da passierten wir ein Stück, auf dem wirklich Dutzende Schildkröten auf der Straße herum spazierten oder einfach nur in der Sonne lagen. Ich hatte es fast geahnt, dass A. mir ein Zeichen gab anzuhalten. Sie stellte ihre Himalayan an den Straßenrand, wobei man sie angesichts des Verkehrs auch ruhig quer auf der Straße hätte parken können. Und während ich noch auf dem Moped saß und den Helm hochgeklappt hatte, begann A. alles an Panzertieren einzusammeln und ins Grün an der Seite zu transportieren, was in ihrem Umfeld greifbar bar.

Schildkröte

Wer nun aber dachte, dass die Schildkröten auch dort im Gestrüpp geblieben wären, den muss ich leider eines besseren belehren. Denn während A. an einer Seite sammelte, spazierten schon wieder 2 munter in Richtung Straße. Was mich zu einer gewissen Heiterkeit verführte, die von A. gleich mit dem Kommando „Du könntest deinen Arsch ruhig auch bewegen um mir zu helfen“ quittiert wurde. Da ich in der Vergangenheit aber nicht zum Schildkrötenretter ausgebildet wurde und erst recht keine Lust verspürte, sie bei dieser Sisyphus-Aufgabe zu unterstützen, versuchte ich es mit Argumenten.

„Wieviel Autos hast du bisher gezählt? Siehst du hier irgendetwas fahrbares? Glaubst du wirklich, dass die auf Kommando alle in den Büschen bleiben? Wir können hier weitermachen, allerdings weiß ich nicht, ob wir dann hier nicht noch fahren, wenn es schon dunkel ist.“ Das half, sie gab mit einem gestöhnten „Aber die armen Tiere“ auf und während sie auf ihre Maschine stieg, schob ich noch ein „Und wenn wirklich einer drüber fährt, gibt es eben Schildkrötensuppe“ hinterher. Wofür ich postwendend noch ein zweites „Arsch“ zu hören bekam aber immerhin konnten wir jetzt weiterfahren.

Strasse in Anatolien

Am Nachmittag waren wir angesichts der Temperaturen dann doch froh, als wir endlich Konya erreichten. Allerdings gestaltete sich die Fahrt bis ins Zentrum von Konya dann doch als kleiner Kulturschock. Nach einem ganzen Tag, an dem überwiegend Armut zu sehen war, fuhren wir auf einmal an großen Leuchtreklamen von Hotels, Springbrunnen, Restaurants und Clubs vorbei. Wir waren wieder in einer Großstadt gelandet, denn Konya hat auch 2,3 Millionen Einwohner. Auch hier wollten wir auf unserem Weg nach Kappadokien nur eine Nacht bleiben, weshalb wir uns auch auf direktem Weg ins Hotel begeben haben.

Hotelzimmer in Konya

Angekommen haben wir die Mopeds direkt vor dem Hotel, aber an einer ziemlich belebten Straße geparkt. Nachdem Check-In haben wir auch dort nur unsere nötigsten Sachen mit aufs Zimmer genommen und uns erstmal wieder frisch und landfein gemacht. Ich zog mir gerade die Schuhe an, als das Telefon im Zimmer klingelte. „Sir, could you please come to the reception desk?“ Ich bejahte und ging dann leicht grübelnd zum Aufzug. War etwas nicht in Ordnung? Als ich unten ankam, kam mir der Mann an der Rezeption gleich entgegen. „Please come outside with me“ wobei er mich leicht am Arm fasste und mit mir zum Ausgang ging.

„The Bikes are not safe on this place, we have another place for You.“ Sprach es und ging mit mir etwa 20 Meter weiter. Dort öffnete er mit einer Fernbedienung ein Tor und wies mich an, die Motorräder dort zu parken. Ich vermute, es handelt sich um eine Art Lieferanteneingang, der allerdings einen Haken besaß: Die Einfahrt war in etwa 40 cm Höhe, also scheinbar nicht zu machen für unsere Bikes. Doch als ich ihm das gerade erklären wollte, stiefelten zwei junge Männer mit zwei etwa 3 Meter langen Bohlen heran und legten sie übereinander auf die Stufe.

Dann haben wir zu viert einen vom TÜV anerkannten Hüpftest gemacht und ich war mir zwar nicht ganz sicher, aber eigentlich sollte dieses Konstrukt auch die relativ schwere BMW plus mich als Fahrer schaffen. Dann hab ich A. angerufen und ihr gesagt, sie solle mal mit ihrem Schlüssel herunter kommen. Zuerst hab ich mir dann die Himalayan gepackt, und in der Zwischenzeit hatten der Rezeptionist und die 2 anderen Männer auf türkische Art die Straße gesperrt, damit ich ein paar Meter Anlauf nehmen konnte. Also mutig ans Werk und mit Schmackes da hoch – geklappt!

Die gleiche Prozedur mit der ungleich schwereren Gummikuh bereitete mir zwar insgeheim noch etwas Bauchschmerzen, aber kneifen galt nicht. Mehr als durchbrechen und gegen die Stufe hämmern ging ja nicht… Also wieder der gleiche Vorgang, Straße gesperrt, Anlauf genommen, hoch mit dem dicken Teil und tunlichst darauf geachtet, dass ich mich nicht – oben angekommen – mit einem Wheelie auf das Fressbrett lege. Es ist gut ausgegangen, was mir sogar den Applaus von A. brachte. Das Tor wurde wieder verrammelt, wir bedankten uns noch für den sicheren Parkplatz und sind dann von dort aus direkt losgegangen, um nach etwas essbarem zu suchen. Ich zumindest noch leicht schwitzend wie ich zugeben muss…

Am nächsten Morgen hatte ich die 2 Motorräder schon wieder aus der „Garage“ geholt, was bergab deutlich einfacher ging. Als ich wieder ins Hotel ging, kam mir A. schon unten am Aufzug entgegen und wir gingen erstmal zum Frühstück. Nachdem wir dann später wieder alles aufgeladen und ausgecheckt hatten, ging es dann weiter nach Kappadokien, wo wir bis Sonntag in Mustafapasa ein Hotel gebucht hatten. A. hatte uns in einem der dort weit verbreiteten Cave-Hotels, einem Höhlen-Hotel, gebucht. Zumindest die Fotos von der Höhlenbude sahen nicht schlecht aus, das Original sollte es noch übertreffen, wie wir dann abends feststellten.

Hotelzimmer Mustafapasa

Die 290 km von Konya nach Mustafapasa in Kappadokien gestaltete sich allerdings ziemlich eintönig oder wie A. bemerkte „nicht so die yellow von die Egg.“ Die Straße führte vom Start auf knapp 1000 Meter auf knapp über 1300 Meter Höhe, allerdings knapp 200 km fast nur geradeaus. Wir fuhren an ellenlangen Feldern und vielen wilden Müllkippen vorbei, meistens noch nicht einmal ein Baum oder Strauch. Außer einem Gefängnis in der Pampa, 3 kleineren Städten, Unmengen an Tankstellen auf der Strecke und einem Blick auf den Hasan Dağı, mit 3268 m zweithöchster Berg Zentralanatoliens gab es nicht viel zu sehen. Die Straße war ziemlich gut und ist auch erst, wie wir unterwegs an einer Tankstelle erfuhren, seit ein paar Jahren fertig.

Hasan Dagi
Kompressor

Aber auch auf dieser Tour haben wir wieder nette und gastfreundliche Leute kennengelernt. Während einer Kaffeepause an einer Tankstelle boten uns 2 Männer am Nebentisch Kekse an und auch hier gab es wieder zahlreiche Fragen, die wir natürlich auch alle beantworteten: „Wo kommt ihr her? Wo fahrt ihr hin? Ist das nicht gefährlich mit dem Motorrad?“ So nach diesem Muster wurden wir jetzt schon häufig befragt und so entwickelte sich schon manches Gespräch. Meist per Übersetzungs-App, Gesten mit Händen und Füßen. Aber irgendwie versteht man sich.

Bei unserem nächsten Stop hatten wir es einfacher. Wir hatten gerade 2 Kaffee an einer tankstelle bestellt, als hinter uns ein Mann auf Deutsch fragte: „Sind die beiden Motorräder euch?“ Ich drehte mich um und bejahte. „Dann nehmt draußen Platz, ihr seid hier in unserem Land und meine Gäste.“ Worauf wir uns bedankten und zum Ausgang gingen. Draußen saßen 2 frauen und noch ein Mann an einem Tisch und winkten uns zu sich. Und es stellte sich heraus, dass es 2 türkische Ehepaare auf Heimaturlaub waren, wohnhaft in Grevenbroich.

Unser kleines Naschkätzchen A. war zudem sehr erfreut, dass es zum Kaffee auch noch einiges an Süßkram gab, während wir uns mit den vieren eine knappe Stunde unterhalten haben. Zum Abschluss wünschten sie uns noch eine gute Reise und wir ihnen einen schönen Urlaub. Dies sind die Erlebnisse, die so eine Tour zu etwas schönem und besonderen machen, wenn man mit den Leuten zusammen kommt. Es wäre für uns beider unvorstellbar, auf solche Begegnungen zu verzichten. Und wir haben bisher in allen Ländern die wir bereist haben, durchweg nur gute Erfahrungen und wirklich sehr nette und auch gastfreundliche Menschen kennengelernt.

Nun sind wir also hier in Mustafapasa angekommen und schon auf den ersten Kilometern in Kappadokien waren wir von dieser Landschaft fasziniert. Wir wurden auch hier wieder sehr freundlich empfangen und erst einmal zu einem Tee und einem kleinen Smalltalk eingeladen. Unsere Zimmer gehören zu dem Besten, was wir bisher auf dieser Tour hatten, auch wenn es in unseren bisherigen Hotels nichts zu beanstanden gab. Diese „Höhlenhotels“ beinhalten wirkliche, vielfach in der Landschaft integrierte Höhlen, die mit Vorbauten zu Hotels gestaltet wurden. Die Zimmer sind geschmackvoll eingerichtet, und in den Betten schläfst du wie Ali Pascha persönlich. Wir sind beide sehr angetan und A. bangt schon, dass die Schlafgelegenheiten auf den bevorstehenden Routen wohl nicht immer so komfortabel sein werden.

Tee
Hoteleingang
Kappadokien

Einen Nachteil hat das Höhlen-Hotel, wir müssen reichlich Treppen steigen, 52 Stufen hoch. Dafür haben wir aber eine schöne Aussicht, zumindest ich. Denn während ich das einzige Zimmer des Hotels mit einem Fenster – wir haben ihn den Höhlen-Aussichtsturm getauft – bezogen habe, muss A. – allerdings auf eigenen Wunsch – im dunkeln leben. Doch jetzt werden wir uns ein wenig in Kappadokien umsehen und hoffen u.a. beide, dass wir auch die Heissluftballons zu Gesicht bekommen. Denn es soll in den nächsten Tagen ziemlich windig werden und da ist nicht sicher, ob sie auch starten.

Aussicht

Die Fotos im Beitrag hatte ich ja teilweise auch schon in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. Wer noch mehr sehen möchte, kann gerne meinem Instagram-Account folgen oder vielleicht seid ihr auch bei Facebook aktiv, dort findet ihr mich hier.

Unsere Reiseroute werde ich morgen aktualisieren, versprochen. Und sorry dafür, dass es etwas länger geworden ist. Ich hoffe ihr überlebt es. Ganz liebe Grüße soll ich noch von A. ausrichten, nachdem sie meinem Text die Freigabe erteilt hat. Nur kamerascheu ist sie immer noch…